Eine Welt in der jeder Mensch ein würdevolles Leben führt ...

... im Miteinander und unter Achtung aller Bedürfnisse ...

 

Was soll es "kosten"?

 

In Anbetracht der vielen Gewalt, die in unserer Gesellschaft und (meist noch viel stärker) fast auf der ganzen Welt ausübt, durch die Zwangswirkung des Geldes ausgeübt wird, möchte ich auch hier die Prinzipien der Gewaltfreiheit anwenden.

 

Ich möchte meine Arbeit als Geschenk an die Welt geben, damit sie jeden Menschen unterstützen kann, der es möchte. Ich möchte also meine Angebote an den Bedürfnissen orientieren - unabhängig von den jeweiligen finanziellen Möglichkeiten. Dieses Vorgehen ist sehr ungewöhnlich und steht der Marktwirtschaft entgegen, weil dort Ressourcen nur dahin fließen, wo sie gegen andere Ressourcen getauscht werden können (meist gegen Geld). Deshalb löst es bei Menschen immer wieder auch Unbehagen oder gar Misstrauen aus, wenn etwas kostenlos ist. Ich hoffe, dass sich solche Reaktionen nach dem Lesen dieses und des weiter unten stehenden Textes ("Freie" oder bedürfnisorientierte Wirtschaft?) auflösen - falls nicht, wäre ich sehr dankbar über eine Rückmeldung! :-)

 

Ich möchte meine Arbeit verschenken. Unabhängig davon (!) brauche auch ich Unterstützung dabei, meine Bedürnfisse nähren zu können. Wie die meisten Menschen in unserer Gesellschaft, die kein Vermögen haben, bin ich auch auf Einnahmen angewiesen, um mir die Dinge kaufen zu können, die ich zum Leben benötige, obwohl ich inzwischen mit sehr wenig Geld auskommen kann.

 

Diese Einnahmen werden leider in der Regel irreführend als "Verdienst" bezeichnet (so als ob wir nur ein würdiges Leben verdient hätten, wenn wir unsere Arbeit verkaufen können und als ob manche ein solches Leben mehr verdienen würden, als andere).

 

Um meine Bedürfnissse nähren zu können, bitte ich deshalb immer wieder Menschen, die meine Arbeit kennen, darum, mich finanziell zu unterstützen. Mein Ziel ist es, mindestens 600 € monatlich einzunehmen (mein Existenzminimum) und maximal 1000 € (damit kann ich gut leben -- was darüber hinausgeht, werde ich weitergeben).
 

Konkret möchte ich zu einem Zeitpunkt, an dem sie beurteilen können, ob meine Arbeit unterstützt, die Menschen, die ich unterstütze, dazu einladen, für sich zwei Fragen zu überlegen:

  1) Wieviel möchten Sie geben, damit diese Arbeit weiter angeboten werden kann?
      Bitte geben Sie nur so viel, wie sie möchten!

  2) Wieviel können Sie geben?
      Bitte geben Sie nicht mehr als sie können!

Ich lade also jede/r Teilnehmer/in ein, so viel zu geben, wie sie/er möchte und nicht mehr als sie/er kann!

Wenn also der/die Teilnehmer/in mehr geben möchte, als er/sie finanziell in der Lage ist, bitte ich darum, nicht mehr zu geben als ihre/seine Möglichkeiten es erlauben, d.h. auch die eigenen Bedürfnisse zu achten! Wenn der/die Teilnehmer/infinanziell in der Lage wäre mehr zu geben als er/sie möchte, bitte ich darum, nur soviel zu geben, wie er/sie möchte.

 

Dieses Vorgehen ist in unserer Gesellschaft leider noch sehr ungewöhnlich. Deshalb werden sicherlich auch Missverständnisse auftauchen. Auch werden sich manche Menschen damit vielleicht nicht wohlfühlen, etwas geschenkt zu bekommen. Die Missverständnisse hoffe ich wie gesagt, durch diesen und den untenstehenden Text, spätestens jedoch im persönlichen Gespräch ausräumen zu können. Auch können Menschen, die sich mit dem Vorgehen nicht wohlfühlen die Selbsteinschätzungsskala für eine Preisfindung nutzen.

 

Die eingehenden Spenden werden im Arbeitsteam verteilt - nicht nach den üblichen Kriterien (Zeitaufwand und Expertise/Knappheit der entsprechenden Fähigkeiten), sondern vor nach den Bedürfnissen der Menschen. Dabei versuchen wir uns nicht von unseren Ängsten und Sorgen leiten zu lassen, sondern uns gegenseitig dabei zu unterstützen, die Bedürfnisse hinter diesen Ängsten und Sorgen zu verstehen.

 

Ich hab großes Vertrauen darin, dass wir im Team die Ressourcen haben, uns gegenseitig dabei zu unterstützen, im Vertrauen zu ruhen und mit Tatkraft und Lebensfreude diese Arbeit in die Welt zu bringen.

 

Marktwirtschaft oder
bedürfnisorientiert Wirtschaft?

 

Ich möchte vorausschicken, dass ich keine fertige Lösung habe!

Es ist einfach schmerzhaft für mich, wenn ich mir anschauen wie durch das marktwirtschaftliche (Welt-)Wirtschaftssystem Menschen Ressourcen vorenthalten werden und wie sehr so viele Menschen dadurch leiden. Viele Menschen verhungern sogar jeden Tag, obwohl global gesehen ausreichend Nahrungsmittel zur Verfügung stehen.

 

Eigentlich sind diese Auswirkungen des kapitalistischen Weltwirtschaftssystems ja nicht überraschend, denn Verknappung von Gütern ist ja gerade ein Mittel um den Preis zu erhöhen. Güter sind ja durchaus nur begrenzt vorhanden, aber Knappheit ist konstruiert, weil nur über Knappheit der "beste Preis" erzielt werden kann.

 

Zudem fließen die Güter im Kapitalismus dorthin, wo sie bezahlt werden können und eben nicht dorthin wo sie gebraucht werden. Dadurch werden insbesondere den Menschen, die weniger oder gar kein Geld zur Verfügung haben, immer wieder wichtige Güter und Dienstleistungen vorenthalten und sie werden so ins Leiden geführt.

 

Derzeit ist z.B. in Deutschland "bezahlbares Wohnen" ein wichtiges Thema, aber es ist nur das offensichtlichste in einem der wohlhabendsten Länder der Erde. In anderen Ländern geht es oft ums Überleben. Menschen verhungern z.B. weil 3/4 der weltweiten landwirtschaftlichen Anbaufläche dafür genutzt wird, Futter für Fleisch-"Produktion" anzubauen, anstatt für Nahrungsmittel für Menschen (Tiere sind als solche viel zu ineffizient -- vgl. zu diesem Thema den Film "The Game Changers"!).

 

Diese Missachtung von Bedürfnissen (nicht nur der Menschen sondern auch der Natur) und das daraus resultierende Leiden führt immer wieder zu neuer Gewalt, weil Menschen durch Leiden zwangsläufig in ihren "Selbsterhaltungsmodus" geraten und dann genauso unumgänglich weniger Kapazität haben, Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen. Diesen Effekt kennen wir alle im Kleinen (besonders wenn wir in Stress oder Ärger geraten) und er ist meiner Ansicht nach die Ursache für den Kreislauf der Gewalt: Menschen die Leiden, üben Gewalt aus, die wiederum Menschen leiden lässt -- und diese Menschen üben wieder Gewalt aus (dabei geht Gewalt oft auch nach innen und vergrößert das Leid!).

 

Wenn man Gewalt als die Missachtung von Interessen und Bedürfnissen begreift, sieht man, dass das  Vorenthalten von Ressourcen eine sehr weit verbreitete Form von Gewalt ist. Diese Form von Gewalt ist wohl auch die wichtigste Ursache für neue Gewalt, weil sie zu so viel Leiden beiträgt. Jeder Menschen tut sich nämlich schwer, die Interessen und Bedürfnisse anderer zu achten, wenn er leidet, weil sie/er dann im "Selbsterhaltungsmodus" ist. Aus diesem Modus heraus übt deshalb jeder Mensch mehr oder weniger unbewusst Gewalt gegen andere Menschen aus. Die neue Gewalt bewirkt dann neues Leiden und dadurch wiederum neue Gewalt - und so hält sich der Kreislauf der Gewalt am Laufen. Für mich ist es immer wieder schmerzhaft, diese Zusammenhänge jeden Tag zu beobachten ...

 

Individuell sind die offensichtlichsten Folgen dieses Kreislaufes der Gewalt chronische Erkrankungen (durch Gewalt gegen sich selbst -- siehe z.B. Gabor Maté) und die Strategien von Kriminalität bis zum Terrorismus oder Krieg ...

 

Wie gesagt, wird durch das vorherrschende kapitalistische (Welt-)Wirtschaftssystem Knappheit produziert oder zumindest aufrechterhalten und verbreitet (der Preis einer Ware hängt ja davon ab). Da Jeder Mensch gleichzeitig mehr oder weniger unter dem Zwang steht, auch für lebensnotwendige Güter und Dienstleistungen zu bezahlen, wird in unserer Gesellschaft Zwang als ganz normal erlebt und sogar als unvermeidbar angesehen. Wenn man es genau betrachtet, ist Zwang zwar leider ein Grundprinzip in praktisch allen Gesellschaftssystemen der heutigen Welt -- die kapitalistische Wirtschaftsordnung ist allerdings ein äußerst wirkungsvoller "Missionar" dieses Zwangsprinzips und hat inzwischen sogar Gesellschaften "missioniert", die bis vor wenigen Jahrzehnten das Zwangsprinzip noch nicht übernommen hatten ...

 

Ich träume von einer Welt in der wir miteinander und mit den Ressourcen unserer Welt auf eine Weise umgehen, die Leiden und Mangel vermeidet - eine Welt mit einem Wirtschaftssystem, das für alle passt. Für diesen Traum möchte ich arbeiten - und deshalb möchte ich die Weitergabe des Zwangsprinzips durch meine Arbeit vermeiden und sie auf eine andere Art anbieten als über Preisforderungen: ich möchte sie als Geschenk anbieten. Dadurch wird meine Arbeit auch eher dort wirken können, wo sie die Menschen unterstützt. Ich experimentiere damit und hoffe, dass ich dabei selbst genug finanzielle Unterstützung finde, um das nachhaltig machen zu können ...

 

Wie könnte ein Wirtschaftssystem aussehen, das für alle passt? Und wie können wir zu diesem wechseln?

Ein Wirtschaftssystem hat die Aufgabe, Güter zuzuteilen. Bei praktisch allen derzeitig existierenden Wirtschaftssystemen orientiert sich diese Zuteilung leider nicht an den Bedürfnissen der Menschen. Das bedeutet, die Güter kommen nicht dort an, wo sie gebraucht werden, sondern dort, wo das Geld dafür da ist, bzw. wo etwas dafür "geleistet" wird. "Leistung" ist dabei ausschließlich anhand mehr oder weniger willkürlichen Kriterien zu messen - oder sie bleibt (wie in unserer Gesellschaft meist üblich) ganz unklar.

Diese Zuteilung, missachtet die vorhandenen Bedürfnisse der Menschen und das ist nach Ansicht vieler Menschen die Hauptursache für Hunger und Leid, und für Gewalt und Krieg auf der Welt - sowohl innergesellschaftlich, wie auch international.

 

Viele Menschen suchen deshalb nach Möglichkeiten für ein Wirtschaftssystem, das die Güter und Dienstleistungen nach dem tatsächlichen Bedarf zuweist - unabhängig von finanziellen Ressourcen oder einer "Leistungsfähigkeit" der Betreffenden. Die sogenannte "Schenkökonomie" ist in dieser Hinsicht interessant.

 

Leider wurden und werden die Untersuchungen dazu immer wieder im Hinblick auf "Tausch", d.h. "geben und dafür bekommen" interpretiert (siehe z.B. leider auch den Wikipedia-Artikel zur Schenkökonomie). Das ist verständlich, weil heutzutage praktisch alle Menschen in einer kapitalistischen Welt leben, in der ein Geben ohne Erwartungen selbst innerhalb der Familie kaum vorstellbar erscheint. Wir sind das Konzept "keine Leistung ohne Gegenleistung" so gewohnt, dass sich selbst in die Fürsorge für das Kind Erwartungen auf eine "Gegenleistung" einschleichen. Wenigstens "gut benehmen" sollte sich das Kind!

 

Das geschieht obwohl das Fürsorgeprinzip, um das es vor allem in der Schenkökonomie geht, auf dem Fürsorgeprinzip der "idealen Eltern" basiert. "Ideal" in der Hinsicht, dass die Bedürfnisse des Kindes jederzeit geachtet werden - selbst wenn sie oft nicht sofort oder gar nicht erfüllt werden können. Mit Bedürfnissen sind hier nicht Wünsche gemeint, sondern das, was durch die Wünsche genährt werden will. Das Bedürfniskonzept der Gewaltfreien Kommunikation ist hier sehr hilfreich, um den entscheidenden Unterschied zu klären: Bedürfnisse sind das was jeder Mensch kennt.

 

Einige Beispiele dafür, was Bedürfnisse in diesem Sinne sind und was nicht:
- Zigaretten sind kein Bedürfnis, aber z.B. innere Ruhe oder Zuwendung, die das Rauchen möglicherweise nährt (leider mit sehr vielen Nebenwirkungen und deshalb nicht sehr wirkungsvoll).

- Macht ist auch kein Bedürfnis, allerdings kann hinter dem Drang nach Macht z.B. das Bedürfnis nach Rücksichtnahme stecken. Meist ist bei "Machtmenschen" das Vertrauen, dass andere Menschen Rücksicht auf die eigenen Bedürfnisse nehmen, in der Kindheit zutiefst erschüttert worden. Das Streben nach Macht kann als Versuch gedeutet werden, dieses Vertrauen zurückzugewinnen (was natürlich nicht wirklich funktioniert).

- Alle Konsumgüter sind Möglichkeiten, Bedürfnisse zu nähren - aber sie sind in der Regel nur ein schlechter Ersatz dessen, worum es wirklich geht. So wird z.B. oft versucht, mit einem neuen Auto oder teuren Kleidern die Sehnsucht nach Wertschätzung und Anerkennung - und letztlich nach Zugehörigkeit - zu nähren ...

 

Die Schenkökonomie verspricht, die Bedürfnisorientierung und damit das Fürsorgeprinzip in den Mittelpunkt zu stellen. Das scheint mir ein vielversprechender Ausweg aus der Missachtung der Bedürfnisse zu sein. Diese Missachtung geschieht praktisch automatisch durch die Prinzipien von Dominanz und Zwang und natürlich gibt es viele Länder, in denen sie sehr offenischtlich vorherrschen. Aber auch in den "fortschrittlichen" europäischen Gesellschaften, bestimmen sie das Leben der Menschen, wenn auch natürlich verborgen und durch die Systemfunktionen anonymisiert.

 

Durch das kapitalistische Wirtschaftssystem, das inzwischen fast alle insbesondere Gesellschaften der Welt durchdrungen hat, werden diese Prinzipien verstärkt (praktisch jeder Mensch ist zumindest dazu gezwungen, Geld für seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften, wenn er nicht leiden und oft gar verhungern möchte). Die Logik der "freien" Marktwirtschaft setzt den Menschen, der seinen Eigennutz maximiert, als "rational" und damit als normativ erwünscht voraus. Diese normative Annahme ist übrigens das unwissenschaftliche an der wissenschaftlichen Wirtschaftslehre und macht sie zur Ideoligie. Peter Ulrich nennt deshalb ihn in seinem Buch „Integrale Wirtschaftsethik“ „die vorerst letzte und vielleicht wirkungsmächtigste Großideologie aller Zeiten“.

 

Weil sie überall immer wieder als normal erlebt werden (nicht zuletzt auch in Sport, Film und Fernsehen) erscheinen Dominanz und Zwang als "alternativlos". Wohl die folgenschwerste Illusion, in der wir leben...

 

Der erste Schritt sich aus dieser Illusion zu befreien ist, die Zusammenhänge zu sehen. Mir hat hier Peter Ulrich mit seiner "Integrativen Wirtschaftsethik" sehr geholfen. Bei der Suche nach Alternativen und die Umsetzung der Schenkökonomie in meiner Arbeit, ist für mich Miki Kashtan seit langem eine wertvolle Inspiration. Hier sind einige Gedanken von ihr zu einer anderen Art der "Zuteilung" von Gütern und Dienstleistungen (leider nur auf Englisch): http://thefearlessheart.org/matching-resources-to-needs-learning-to-receive-through-participating-in-money-piles/

(wer den Artikel übersetzen möchte, bitte melden :-)

 

Mir ist bewusst, dass diese Gedanken sehr anders sind als das was wohl alle Menschen in unserer Gesellschaft schon von Kindheit an gelernt haben. Wir haben wohl alle gelernt, dass wir uns Geld (und oft sogar Liebe!) "verdienen" müssen. Dass dieser Glaube, wir könnten uns etwas "verdienen" -- sei es Angenehmes (Geld, Urlaub, Erholung, ...), oder Unangenehmes (Strafe, Verletzung, ...) eine Illusion ist, ja sogar die grundlegende Illusion aller patriarchalen Gesellschaften wie der unseren (näheres dazu hier) und des Kapitalismus im Allgemeinen wird erst bei näherer Betrachtung deutlich: Wer könnte womit "verdient" haben, in Armut geboren zu werden? Oder während ihres/seines Aufwachsend so oder so traumatisiert zu werden? Wer könnte sich die Privilegien, die unter z.B. mit einer weißen Hautfarbe zusammenhängen, oder damit, ein Mann zu sein, heterosexuell orientiert zu sein, von reichen Eltern groß gezogen zu werden, verdienen und womit?

 

Ich glaube wir können eine friedlichere Welt nur dann aufbauen, wenn wir von diesem Glauben, Menschen könnten sich Vor- oder Nachteile gegenüber anderen Menschen "verdienen", loslassen und die Achtung der Bedürfnisse eines jeden Einzelnen in den Mittelpunkt stellen.

 

 

Mehr dazu finden Sie hier unter "Zweck - Werte - Vision - Aufgaben"